Erfolgreiche Tourneen mit Dredg und Karnivool. Ein hervorragender Ruf in der internationalen Alternative-Prog-Szene, gesund gewachsen über zwölf Jahre Bandkarriere und vier Studioalben. Der verdiente Charteinstieg des letzten Albums Relations In The Unseen im Jahr 2014, den vielschichtigen Rock-Texturen der Mannheimer zum Trotz – es hätte genauso weitergehen können für The Intersphere. Dann meldete sich das echte Leben. „Nach dem letzten Album und zahllosen Shows ist es irgendwann ziemlich ruhig um uns
geworden“, erzählt Sänger und Gitarrist Christoph Hessler. „Wir waren an einem toten Punkt angekommen. Die alten Konzepte haben nicht mehr funktioniert.“ Hessler, inzwischen zweifacher Familienvater, wagt mit Gitarrist Thomas Zipner, Schlagzeuger Moritz Müller und dem neuen Bassisten Daniel Weber einen Neustart. „Wir sind früher extrem vorbereitet an ein Album herangegangen. Dieses Mal haben wir uns zehn Tage eingeschlossen und erstmal nur gejammt. Für viele Bands ist das der Urknall des Songwritings. Für uns als Band war es das erste Mal.“
The Grand Delusion hat diese Bewährungsprobe letztlich zu einem musikalischen Multiversum werden lassen. Der Titelsong des Albums wagt sich mit bislang nicht gehörter Härte bis in den roten Bereich des Riff-Metal vor und machen nur wenige Meter vor Converge Halt. Songs wie Shipwreck leben dagegen von wenigen Akkorden und schweben auf Augenhöhe mit dem britischen Neo-Prog von Steven Wilson, The Pineapple Thief oder Messenger.
Auch elektronische Ausflüge in den New Wave der 1980er sind kein Tabu mehr. In Linger stellt Neuzugang Weber mit Synth-Bässen und dem eigenen Knowhow als Produzent seinen kreativen Input in der Band unter Beweis. „Ich habe durchaus einiges an Kontrolle abgeben müssen“, gibt Hessler zu. „Das hat sich aber absolut gelohnt, weil wir dadurch viele neue Seiten an uns entdeckt haben.“ Vor allem beim Gitarrensound will die Band ausprobieren, was beim Thema Distortion knapp 60 Jahre nach dessen Erfindung noch geht. Das Ziel: mehr Wut, mehr Noise, mehr Pegel. „Wir haben bisher mit vergleichsweise beherrschten Gitarren
gearbeitet“, so Hessler. „Jetzt haben wir uns an die Extreme getraut.“ Im Toolhouse Studio experimentiert die Band zusammen mit Engineer Moritz Enders an Re-Amping-Schaltkreisen und Dutzenden Effekt-Pedalen – unter den interessierten Augen der Social-Media-Community. „Uns interessierte die Freiheit, jedem Songfragment einen eigenen Klangcharakter geben zu können“, sagt Hessler.
Der neue Freiheitsdrang reicht weit. Schlagzeuger Müller arrangiert mit Michael Vajna von der Band Malky für das epische Man In The Moon ganze Orchestersätze für Streicher und Bläser. Zusammengehalten werden die musikalischen Paralleluniversen auf The Grand Delusion indessen durch eingängige Gesangsmelodien. In den detailreichen, Breughel’schen Klanggemälden von The Intersphere herrschte noch nie Angst vor dem eigenen Pop-Appeal. „Der Grundgedanke dieses Albums ist Transformation“, resümiert Hessler. „Die ganz persönliche - aber auch die gesellschaftliche Dimension.“ Visuell übersetzen wird die Essenz von The Grand Delusion erneut Pierre Schmidt alias „Drømsjel“, der mit seinen Artworks
bereits frühere Alben der Band zu Gesamtkunstwerken machte.