Nichts gegen hoch gesteckte Ziele, aber man kann es auch übertreiben. Während manche Band versucht, den beschwerlichen Weg zum Erfolg über Contests, Castings oder Businesspläne abzukürzen, wählten die Fog Joggers lieber die steinige Route nach oben. Seit dem Debütalbum „Let‘s Call It A Day“ und im Windschatten von Hymnen wie „Tonite Tonite“ haben sich die Fog Joggers nicht zuletzt auf Grund mitreißender Konzerte eine loyale und leidenschaftliche Fanschar erspielt – schlaue, melodieverliebte Leute, denen der rustikale Charme und das bodenständige Flair der Fog Joggers-Kompositionen ähnlich viel bedeutet wie der Band selbst. Doch nicht nur das Publikum hat sich in die Stimme von Sänger Jan Büttner und Zeilen wie „And I hope you don’t mind to stand by my side
and to be taken away today“ vernarrt. Auch die Industrie hat das Hit-Potenzial der Band erkannt und sich den Fog Joggers-Hit „Waiting In The Wings“ vor den bierbeladenen Karren gespannt, sehr zum Vorteil des neuen Albums „From Heart To Toe“ übrigens.
Mit dem so gewonnenen Polster im Rücken gönnten sich die Fog Joggers den Luxus, ihr zweites Album mit der nötigen Akribie und zeitlichen Hingabe zu begegnen. Mit dem Ziel, zu den ungeschliffenen Klängen der frühen Jahre zurückzukehren, zum Blues, zum Rock, zum Reibeisen, begaben sich die Fog Joggers in die Hedgehog Studios in Düsseldorf, um ihre Songs dort live, analog und hektikbefreit aufnehmen zu können. Das Ergebnis ist nicht nur beeindruckend, sondern zeigt eine Band, die sich intensiv mit sich selbst und dem Anspruch an die eigene Musik auseinandergesetzt hat.
„From Heart To Toe“, vom Herz bis in die Zehenspitzen, sind die Fog Joggers sowohl beim Songwriting als auch bei den Aufnahmen motiviert. Der Kopf, und das bezeugt nicht zuletzt der Titel des Albums, bleibt diesmal ausgeschaltet. Was zählt, ist einzig und allein das, was die Band fühlt, allen voran natürlich Sänger und Texter Jan Büttner, der seine „Angste, Sorgen und Freuden“ unter dem Dach des neuen Albums versammelt, und dabei ziemlich deutliche Worte findet. Vom „Middlefinger“ über „Flying, Falling“ bis „Take Away“ zieht Büttner in den inneren Jihad mit sich und seinem Umfeld, macht reinen Tisch, packt seinen Kram und bricht auf in eine Zukunft, in der alles möglich ist. „From Heart To Toe“ ist der letzte Blick zurück, bevor Jan Büttner, Christian Peitz (Orgel), Stephan Selbach (Bass) und der neue Schlagzeuger Dominik Van Bebber zu neuen Abenteuern aufbrechen, mit der Faust in der Tasche dem Herz auf der Zunge.
Auch musikalisch haben sich die Fog Joggers auf ihre größte Stärke zurückbesonnen: die Live-Konzerte. So bauten die Fog Joggers im Gegensatz zum Debütalbum ihre Songs nicht über einen langen Zeitraum aus Versatzstücken der einzelnen Mitglieder zusammen, sondern komponierten gemeinsam, live, im Proberaum und damit komprimiert und „wie aus einem Guss“, wie Jan Büttner es nennt. „Wir haben wieder bei Null angefangen“, sagt er. „Wir haben keine Altlasten mitgeschleppt. Entsprechend klingt auch das Album: frisch, frei und nach Aufbruch“. Mit dem Ziel, den in ihren Augen oft zu sanften, zu Pop-lastigen Stücken des Debüts ein paar kratzbürstige und vor allem live-taugliche Brüder zu schenken, entstanden in Düsseldorf ein Dutzend neuer Hymnen, Songs mit Melodie und Seele, ein Schaulauf der Gefühle, wie gebaut für die Bühne und den Saal davor. Wer so emanzipiert, selbstsicher und mit klarem Fokus ans Werk geht wie die Fog Joggers, hat noch immer sein Ziel erreicht. Egal, wie hoch es gesteckt ist.