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The Baseballs

Rock'n'Roll

Berlin

Rock den Petticoat und roll die Tolle Sam, Digger und Basti haben längst bewiesen, dass sie die 2000er- als 50er-Jahre verkaufen können: Ihr jüngstes Studio Album, der zweifache ECHO-Preisträger, „Hit me baby…“ schlug mit einer 24 Termin starken Tour zu Party-Buche, das prall gefüllt ist mit Geschichten über live performten Rock’n’Roll im schönsten Sinne des Wortes. Während die Baseballs mit Surfboard über ein Meer aus Händen getragen werden, swingt die milchshakende Generation Pop das Tanzbein – zu cleveren Coverversionen aktueller Hits! Schau-bop-be-lut-mal rein! „Hit me baby ...“ – drei winzige Worte genügen, damit jeder,aber auch wirklich jeder an den Song von Britney Spears denken muss. Was diese Feststellung in einer Albumbiografie von The Baseballs zu suchen hat? Ganzeinfach: auch ihnen geht es nicht anders. Denn obwohl sich Sam, Digger undBasti schon früh dem Rock’n’Roll verschrieben hatten, gab es vor den Pop-Hitsder 90er selbstverständlich auch in ihrer Jugend kein Entkommen. Und wie fastalle von uns, haben sich auch The Baseballs heutzutage schon mindestens einmaldabei ertappt, auf einer Party zu den Backstreet Boys, Spice Girls oder Ace ofBase zu tanzen und dabei plötzlich eine Menge Spaß zu haben. Eine Menge Spaßhaben The Baseballs bekanntlich auch mit dem Covern von Songs, weit mehr alsdas: sie haben diese Kunst perfektioniert wie kaum eine andere zeitgenössischeBand. Warum also nicht konsequent einen Schritt weitergehen und ein Cover-Albummit Songs aus den 90ern und Hits ihrer Jugend aufnehmen, versehen mit dem ganzspeziellen The-Baseballs-Twist?

Auf bisher vier erfolgreichen Studioalben widmete sich dieBand populären Songs der Neuzeit und verpasste ihnen das Rock’n’Roll-Lebensgefühlder 50er- und 60er-Jahre. Neu ist, dass sie sich nun erstmals ausschließlich einemJahrzehnt widmen: „Bei den vorherigen Alben ging es quer durch die Dekaden, dawar von den 80ern bis ganz aktuell was dabei. Jetzt haben wir gesagt: wir nehmendie gesamten 90er und transformieren sie in die 50er und 60er“, kommentiertBasti. „Wir arbeiten also sozusagen mit einem älteren Musikstil die Traumataunserer Jugend auf“. Dass diese Traumata enorm tanzbar sind, war der Sache enormzuträglich. Digger: „Wir versuchen immer auch Musik zu machen, die tanzbar ist.Das waren diese Songs absolut – und das sind sie in unseren Versionen erstrecht.“

Seit jeher zeichnet es The Baseballs aus, viel mehr als„nur“ zu covern – die Band gewann in der Vergangenheit nicht umsonst angesehenePreise wie den EBBA (European Border Breakers Award) sowie gleich zweimal denECHO –, sondern den bestehenden Songs ihren ganz eigenen Stempel aufzudrücken –eine Herausforderung, die sich diesmal ganz besonders stellte: „Die Songs ausder Zeit sind oftmals sehr simpel strukturiert. Gerade aus diesen einfachen Kompositionenwollten wir jedoch etwas rausholen“, berichtet Digger. „Daher haben wir versucht,als Baseballs unsere Stärke – den Vocal-Gesang und den Harmoniegesang – neu zuintegrieren. “

Das Ergebnis ist nicht weniger als großartig: Einekunterbunte Reisegruppe, bestehend unter anderem aus Take That, No Angels,Westlife, Salt-N-Pepa,Britney Spears, den Backstreet Boys, Ace of Base und R. Kelly,tritt eine gut gelaunte Zeitreise in jene Ära an, als Lederjacken, Petticoatsund Tolle zur jugendlichen Grundausstattung gehörten. Dort angekommen, wirdihnen von Sam, Digger und Basti vorgeführt, wie ihre zukünftigen Songs frühereinmal geklungen haben könnten. Klingt verwirrend? „Sozusagen durch dieVergangenheit zurück in die Zukunft“, versucht es Sam mit einer griffigen Formel,nur um dann lachend hinzuzufügen: „Schreib einfach ‚Zurück in die Zukunft’, dasversteht man.“

Wir versuchen es mal so: Der Band gelingt auf „Hit me baby...“ das Kunststück, den zigmal gehörten Songs aus den 90ern nicht nur aufmitreißende Weise neues Leben einzuhauchen, sondern ihnen auch eine ungeahnte Vielschichtigkeitzu verleihen. „Wir haben wirklich versucht, 60 Jahre zurückzugehen, dahin, woder Rock’n’Roll herkommt, zur Bluesmusik, und etwas filigranere Arrangements zubasteln“, bestätigt Digger. Dafür fügte die Band beispielsweise hier und daeinen zusätzlichen Akkord in die Songs ein. „Zugleich war es natürlich wichtig,es nicht zu verfälschen. Die Leute sollen erkennen können, was es eigentlichist.“

Ein weiterer Grund für die Freude, mit der The Baseballs beimInterpretieren der Songs zu Werke gehen, dürfte auch die selbstverordnete„Cover-Pause“ auf dem letzten Album „Game Day“ (2014) sein, das vornehmlich ausEigenkompositionen der Band bestand. Und das nicht etwa, „weil wir uns oder derWelt beweisen wollten, dass wir auch eigene Songs schreiben können“, wie Sambetont. „Wir waren vor dem letzten Album sechs Jahre mit den gleichen Songsunterwegs gewesen und wollten einfach mal etwas machen, das für uns auch frischist.“ Ein Vorhaben, das aufging: „Es hat mit den eigenen Songs superfunktioniert, auf der letzten Tour haben wir ein Drittel eigene Stückegespielt“, so Basti. „Aber wir wissen natürlich, dass die meisten Leute unswegen der Cover kennen und schätzen. Wenn man dann noch mit der Idee arbeitet,ein Album mit Songs aus der eigenen Jugend zu machen, macht es natürlichrelativ wenig Sinn, nur drei Cover draufzuhaben. Daher greifen wir jetzt genauso frisch mit Coversongs wieder an!“

Apropos „frisch“: Unerwartet frisch waren beim Aufnehmenauch noch die Songs aus der Jugend im Unterbewusstsein der Band abgespeichert. „DenText zu ‚The Sign’ von Ace of Base konnte ich beispielsweise noch komplett abrufen“,verrät Basti. „Meine Schwester war damals der unfassbar größte Ace-of-Base-Fan.Wir mussten uns bis ich 13 war ein Zimmer teilen, daher konnte ich sämtliche ihrerSongs auswendig, obwohl ich damals nicht gerade der größte Fan der Band war.“ Dashat sich heute geändert, bei Basti ebenso wie in der öffentlichen Wahrnehmungvon Pop-Hits aus den 90ern, die heute längst den Stellenwert des Coolen haben.„Diese Songs waren einfach gemacht, aber sie haben funktioniert. Auch das isteine Kunst“, befindet Digger. Zumindest in den meisten Fällen: „Das ‚CottonEye’-Cover der Schlümpfe’ haben wir mal rausgelassen“.

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