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MIA.

Elektro

Berlin

Bands mit einer starken Frontfrau sind in der deutschsprachigen Szene nicht mehr wegzudenken. Man könnte meinen, es gab sie schon immer. Doch jemand musste den Anfang machen und die Musikindustrie überzeugen, dass das Konzept aufgeht. Dies übernahm die Berliner Elektropunk-Band MIA. . 20 Jahre ist das inzwischen her. Die damals unbekannten Pioniere wurden schnell zu einem der heißesten Acts der Szene. Heute, zwei Jahrzehnte später, sind sie immer noch, was sie stets gewesen sind: eine grandiose Live-Band.

Alles begann im Jahre 1997, als sich in Berlin eine Schülerband gründete und durchstartete. Nach einigen Namensänderungen nannte sie sich MIA., wohlgemerkt mit Punkt am Ende. Der Vorteil einer Buchstabenfolge besteht darin, dass man ihr immer neue Bedeutungen geben kann. „Musik ist alles“, ist da vielleicht die überzeugendste. Doch ohnehin ließ damals, kurz vor dem Millennium, nicht der Name aufhorchen, sondern die Stimme der Frontfrau mit dem seltsamen Namen „Mieze Katz“. Wer da ein poussierliches Tierchen vermutete, wurde schon beim ersten Song eines Besseren belehrt: Diese Katze hatte Krallen und jede Menge Power. Das hat sich in all den Jahren nicht geändert. Mit ihrer starken Bühnenpräsenz und positiven Ausstrahlung ist Mieze der Mittelpunktjeden Auftritts, musikalisch getragen und angefeuert von den Bandmitgliedern Andy Penn, „Bob“ Schütze und Gunnar Spies. Die Show reißt mit und macht MIA.-Konzerte zu einem Event, das in Erinnerung bleibt. Ende der 90er-Jahre war das alles neu. Und es kam beim Publikum an, zum Erstaunen der Industrie, wie sich Mieze erinnert: „Als wir damals einen Plattenvertrag bekommen hatten, sagten viele: Na dann viel Glück. Aber Geld verdienen könnt ihr damit nicht. Damals gab es keine deutschsprachige Band mit Sängerin als Frontfrau.“ Bekanntlich kam es anders: Die Musikwelt horchte auf und die Industrie fasste Mut. „Wir sind Helden“, „Silbermond“ und „Juli“ profitierten davon und später indirekt auch Formationen wie „Frida Gold“ und „Glasperlenspiel“. Spricht man die Musiker von MIA. heute auf ihre Vorreiterrolle an, heißt es bescheiden: „An so was haben wir damals gar nicht gedacht. Wir wollten einfach nur unsere Musik machen.“ (Mieze) Etwas Stolz schwingt aber mit.

Karriere mit vielen Highlights

Im Rückblick auf 20 Jahre MIA. lassen sich mehrere Meilensteine benennen. Zum Beispiel die erste Single aus dem Debüt-Album mit dem aus heutiger Sicht geradezu programmatischen Titel Alles neu. Das Video zum Song ist für viele bis heute das Berlin-Video schlechthin. Offenbar war es gelungen, das Lebensgefühl, die „Attitüde“ der (jungen) Berliner einzufangen. Hungriges Herz war ein zweiter Eckpfeiler. Denn mit diesem Song trat MIA. 2004 beim deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest an. Bis heute ist „Mein hungriges Herz durchfährt ein bittersüßer Schmerz“ wahrscheinlich eine der bekanntesten Textzeilen. Wer die Band bis dahin nicht kannte, der kannte sie jetzt. Spricht man Mieze heute auf den Auftritt an, so spürt man, dass die ESC-Teilnahme wohl wirklich etwas Besonderes war: „Die Bühne war extrem groß für unsere Verhältnisse. Da waren ganz, ganz viele Menschen in der Arena und vor den Fernsehern. Das hat sich echt groß angefühlt.“ Große Resonanz hatte ein paar Jahre später das Album Zirkus und davon insbesondere der Song Tanz der Moleküle, der 40 Wochen in den Charts war. Das Album erreichte in den deutschen Albumcharts Platz 2 – womit die Band nicht gerechnet hatte. Mieze: „Das zeigte einmal mehr die Magie, die Musik entfaltet. Die Musik entscheidet darüber, was daraus wird, nicht du selbst.“ Die tanzenden Moleküle hätten im Sommer 2006 einfach zum Lebensgefühl der Menschen gepasst. „Zu keinem Lied haben wir mehr Briefe und Liebesgeschichten erhalten. Das ist sehr berührend. Da habe ich begriffen: Wir sind auch der Liebes-Soundtrack für erste Küsse und erste Male. Für Verlobungen, Hochzeiten, Kinder kriegen und Familien gründen. Wegen diesem Lied heißen Kinder Mia.“


Musik verbindet über alle Grenzen

Über die zwei Jahrzehnte hat MIA. zahllose Konzerte gegeben und immer wieder unter Beweis gestellt, dass die Band in nahezu jedem Rahmen und auch vor heterogenem Publikum live bestehen kann – in Arenen, Sälen und Clubs oder unplugged in der Talkshow. Auf die Präsenz kommt es an, und die lebt nicht von der Sprache. Das wurde bei den vielen Asien-Konzerten der Band deutlich. In Sibirien, Korea, Japan und China. Mieze erinnert sich: „Das waren Momente, in denen ich verstanden habe, was ‚Musik kennt keine Grenzen’ oder ‚Musik verbindet’ heißt. In China habe ich das erstmals begriffen vor 5.000 Leuten, die kein Wort von unseren Texten verstanden. Doch die haben verstanden, was wir ausdrücken wollten. Das Lebensgefühl. In dem Moment wurde MIA. größer als wir. Die Musik hat uns verbunden. Das ist die MIA.-Mission: Fremde zusammenführen, Menschen verbinden.“


Gegenseitige Inspiration

MIA.-Songs sind das Ergebnis intensiver gemeinschaftlicher Arbeit. In sehr vielen Fällen ist zuerst die musikalische Idee da, dann wird der Text entwickelt. Die Melodien kommen zumeist von den Instrumentalisten, die Texte größtenteils von Mieze. Gemeinsam und in bisweilen langen Prozessen nehmen die Ideen dann Gestalt an. Bis alles passt und die Songs auf der Bühne ihre Magie entfalten können. „Unsere Musik will unter Menschen. Dafür machen wir sie, nicht fürs stille Kämmerlein.“

Welches Label die Fans der MIA.-Musik dann geben, ob „Elektropunk“ wie in den Anfangsjahren, ob „Elektropop“ oder was auch immer, ist der Band im Grunde egal. Mieze will sich da nicht festlegen. Ihr Angebot für den kleinsten gemeinsamen Nenner: „klassische Bandbesetzung mit elektronischen Einflüssen, kurz Pop.“ Schlagzeuger Gunnar Spies relativiert: „Erstaunlicherweise ist es so, dass viele Leute, die uns unter Elektro-Vorzeichen wahrgenommen haben, dann nach einem Konzert gesagt haben, dass es sich komplett anders anfühlt. Die elektronische Komponente tritt teilweise extrem in den Hintergrund. Die Leute lieben, dass es bei uns auch richtig krachen kann. Der immer wieder mit uns in Verbindung gebrachte Elektronikbegriff schlägt live längst nicht so durch.“

„Nie wieder 20“ - Tour zum Jubiläum

Jetzt gehen sie bald wieder auf Tour. 20 Jahre MIA., das soll zelebriert werden und zwar da, wo diese Band hingehört: auf Live-Konzerte, unter Leute. In Hallen, Clubs, auf Festivals und Feste. Die Besucher werden ihre Freude daran haben. 20 Jahre MIA. Man darf gespannt sein, was da auf der Bühne passiert. Nur eines ist sicher: Es wird danach weitergehen. Das Jubiläum ist lediglich eine Zwischenstation. „Ich kann mir wunderbar 30, 40 Jahre und mehr MIA. vorstellen“, sagt Mieze. „Und ich freue mich auch auf die weitere gemeinsame Entwicklung.“ Das klingt nach einem Versprechen an die Fans...

Besetzung

Gesang Mieze Katz
Gitarre Andy Penn
Bass Robert „Bob“ Schütze
Schlagzeug Gunnar Spies

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